Kleine Schritte für das Lächeln der Kinder
Kreis Anzeiger vom 18.11.2008
Konzert soll Menschen in bolivianischer Provinz Guarayos helfen - Redaktionsgespräch mit Dr. Ute Glock und Nora Itzel
Björn LeoREGION. Der Junge lacht, seine Augen leuchten. Der kleine Christobal kann das Schild mit der Aufschrift "Farmacia" noch nicht lesen, ahnt nicht, dass andere in seinem Alter weniger Glück haben. Kindernahrung gibt es in den Lehmhütten der Provinz Ascensión so gut wie keine. Die Suppe, die er zu essen bekommt, hat kaum Nährwert, die Happen aus dem großen Gemeinschaftstopf tun dem Jungen nicht gut. Christobal leidet an Unterernährung. Viele Kinder schaffen es nicht. Schwester Andrea kennt solche Schicksale, streicht dem fünfeinhalb Kilo wiegenden Junge durch die Haare. "Mit dem uns zur Verfügung gestellten Geld sind wir in der Lage, gezielt zu helfen, kleine Schritte zu bewältigen." In der Region im bolivianischen Urwald leben etwa 40 000 Menschen in fünf Siedlungen. Kleine Schritte, dazu gehört für Schwester Andrea auch das Leben des Jungen. "Für ihr Glück, für das Glück der Kinder, lohnt sich die Mission", sagt sie. Und die Mission, interpretiert man die unzähligen strahlenden Gesichter, die im Film "Die Franziskanerinnen in Bolivien" von Florian Glock gezeigt werden, scheint sich tatsächlich zu lohnen. Der kleine Christobal ist nicht der einzige, der mit großen Augen in die Kamera lacht.
Szenenwechsel: Dr. Ute Glock und Nora Itzel sitzen im Besprechungszimmer des Kreis-Anzeigers beim Redaktionsgespräch, lassen sich vom nasskalten oberhessischen Schmuddelwetter die Laune nicht verderben. Die beiden Frauen trinken Kaffee, erinnern sich beim Betrachten der Bilder auf dem Faltblatt zum "Projekt Guarayos" an die Tage, an denen sie entstanden sind. Die Schule "Nueva Esperanza" etwa, die unmittelbar an den Urwald grenzt, gehört zu den Erfolgen der Franzikaner-Nonnen, die 1957 ihren Missionsauftrag in Bolivien begonnen haben.
"Einzelne Spenden mögen wie kleine Tropfen wirken. Zusammen ergeben sie beachtliche Pfützen."Dr. Ute GlockSeit fünf Jahren können die Schwestern auf die Hilfe einer Gruppe bauen, zu der neben Ute Glock und Nora Itzel auch Ilona Bittner, Astrid Eichinger, Renate Haas, Irmgard Huth und Anneliese Molz gehören. Sie leisten auf ihre Art Missionsarbeit, beinah täglich, überall in der Region.
Persönliche Gespräche, Benefizaktionen, Öffentlichkeitsarbeit oder die Teilnahme an Märkten verhelfen ihnen zu Spenden. Die werden auf direktem Weg dort eingesetzt, wo sie gebraucht werden. "Man muss sich das mal vorstellen: Mit 25 Euro kann ein Kind in Ascensión ein Jahr lang zur Schule gehen. Mit 20 000 Euro, die wir das Jahr über zusammen bekommen, ändern wir eine ganze Welt." Ute Glock spricht mit dem gleichen Herzblut, wie ihre Mitstreiterin Nora Itzel. Itzels Kontakte zum Büdinger Tierarzt Dr. Christoph Kober waren es auch, die ein Benefizkonzert ermöglicht haben, das am 28. November auf dem Herrnhaag stattfinden wird. Bei einem Gottesdienst im Juli in der Jugendherberge habe sich Kober nach dem Hilfsprojekt erkundigt, spontan die Idee eines Konzerts geäußert. "Ohne solche Menschen geht es natürlich nicht", weiß Itzel und sagt: "Sie sind Engel, ihnen sind wir zu großem Dank verpflichtet."
In Ascensión sind die Nonnen des Franziskaner-Ordens für die Unterstützung dankbar. 2005, als Florian Glock, Sohn der Büdinger Kinderärztin, den Film drehte, hatte die Arbeitsgruppe "Hospital Guarayos" ihre Tätigkeit gerade erst aufgenommen. Damals wurde die Entbindungsklinik gebaut, auf Grund von Spenden wurden unter anderem ein Inkubator (Brutkasten) und ein Sauerstoffgerät angeschafft. Zwei Jahre später, als eine Wetterauer Gruppe zum vierten Mal die Reise in den bolivianischen Urwald antrat, wurde die Entbindungsklinik eröffnet.
"Sie sind Engel, ihnen sind wir zu großem Dank verpflichtet."Nora ItzelInzwischen hat das Schulprojekt "Nueva Esperanza" seine Arbeit aufgenommen. Weil die Region Ascensión immer mehr Zuwanderungen aus dem Hochland zu verzeichnen hat, wächst die Zahl der Kinder rapide. Schwester Andrea hat bereits acht Schulen gegründet. Mit Spenden werden Grundstücke gekauft, auf denen einfache Lehmhütten zu Schulen umgewandelt werden. Lehrer können bezahlt, Schulmaterial gekauft werden. "Einzelne Spenden mögen wie kleine Tropfen wirken. Zusammen ergeben sie beachtliche Pfützen", unterstreicht Ute Glock den Sinn und Zweck einer Spende mit Nachdruck.
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Das Konzert der "Büdinger Stubenmusi" unter dem Motto "Alpenländische Klänge" findet am Freitag, 28. November, in der evangelischen Kirche auf dem Herrnhaag statt. Beginn ist um 19 Uhr. Jutta Claar spielt Hackbrett und Blockflöte, Doris Hackl-Weber spielt Harfe und Blockflöte, Christoph Kober spielt Zither und Marga Rauscher spielt Gitarre. Die Gruppe bietet alpenländische Klänge aus Bayern und Österreich. Das Programm wird ergänzt vom Blockflöten-Ensemble "Flautando" aus Nidderau. Maria Tedeschi und Christoph Kober rezitieren Texte zu herbstlichen Bräuchen. Der Erlös des Konzerts ist für die Missionsstation "Hospital Gurayos" bestimmt.